Strandtage

An meinem letzten Abend in Pompeii stand die Planung der verbleibenden Reisetage an; gar nicht so einfach am Ende. Was will ich noch sehen, wieviel will ich fahren, usw.?

Der italienische Sommer hat dieses Jahr auf sich warten lassen: bisher waren die Temperaturen noch eher frühlingshaft, zum Motorradfahren ideal. Während ich diese Tatsache – z.B. beim Spazieren durch Neapel, Tropea, Taormina oder auch Pizzo – im T-Shirt genossen habe, trugen viele Italiener noch Steppwesten und waren überwiegend der Meinung, dass es viiiiel zu kalt sei für die Jahreszeit. Aber jetzt, da meine Reise sich ihrem Ende nähert, kehrt er langsam ein, der Sommer, und man könnte endlich mal im Meer baden…
Als mir das bewusst wird, ist die Aufgabe klar: ich muss irgendwo zwischen hier und Verona einen schönen Platz finden, wo ich genau das tun kann.

Auf meinem Bett im Souterrain-Appartment sitze ich lange über der Landkarte, prüfe alle möglichen Entfernungen und das Wetter an der Küste, und entscheide mich schließlich für Castiglione della Pescaia, einen Badeort ca. 20 km westlich von Grosseto, mit langen Stränden und klein genug, um Ruhe zu finden.

Das bedeutet, dass ich heute am Mittwoch eine lange Etappe fahren muss und am Samstag noch einmal, um Nachmittags den Autozug zu erwischen. Dazwischen liegen 2 Tage, an denen ich nichts anderes zu tun habe, als am Strand entlangzuwandern und ab und zu in die Wellen zu hüpfen, yippieh!

Auf meinem Weg kämpfe ich an einer entscheidenden Abfahrt gerade mit großer Müdigkeit und sorge so für ein paar Extrakilometer:  ich umfahre Rom östlich statt westlich und habe mir spätestens damit die beiden folgenden Strandtage ehrlich verdient.

Gegen halbacht am Abend komme ich endlich an, bekomme ein hübsches Zimmer nicht weit vom Strand und laufe gleich zu einer ersten Ortserkundung los.

Das hier ist genau, was ich jetzt brauche, das spüre ich sofort.

 

Ein ruhiger kleiner Fischerei- und Seglerhafen am Ortskern, darüber eine malerische Altstadt inkl Mittelalter-Burg. Mit einer Auswahl köstlicher Pizzastücke von „Micro-Pizza“ (warum gibt es sowas nicht in Köln?) und einem Moretti-Bier setzte ich mich auf eine Bank im überschaubaren Zentrum. Auffällig viele Schwangere flanieren hier vorbei, ansonsten: ein paar junge Familien, viele Segler älteren Jahrgangs,  Rentnerpaare. Wobei ich eine große Schnittmenge bei den letzten beiden Gruppen vermute.

Ausgesprochen sehenswert ist die gut gepflegte Altstadt oberhalb des Zentrums:

 

 

 

 

 

Am 10 Kilometer langen Strand zwischen Castiglione della Pescaia und Marina di Grosseto gehe ich ausgiebig spazieren und genieße jauchzend das Baden in den Wellen.

Eine freundliche Brandung rauscht hier zur Zeit an den Strand und sorgt dafür, dass mich an einem der (noch gar nicht im Betrieb befindlichen) Bagnos  der zuständige Hasselhoff zurückpfeift, sobald ich mich ein paar Meter außerhalb der Bojen von den Wellen schaukeln lasse. Beim ersten durchdringenden Schrei seiner Trillerpfeife habe ich mich erschrocken zu ihm umgedreht; Mist, jetzt kann ich nicht mehr so tun, als ob ich taub wäre.

Ich bin bloß ein paar Meter vom Ufer entfernt und kann immer noch stehen, was will denn der? Als ich ihn dazu befrage, erzählt er mir etwas von Untiefen und Strudeln zwischen den Klippen, die mich umbringen werden und verlangt allen Ernstes, dass ich ihn rufe, wenn ich nochmal ins Wasser gehe, damit er aufpassen kann.

Ich schätze engagierte Menschen sehr, aber der hier stört gerade meine Kreise und ich gehe an einem weiter entfernten „wilden“ Strandabschnitt ins Wasser, wo es sowieso schöner ist und auch keine Klippen mehr gibt.

 

1 oder 2 Kilometer weiter südlich liegt dieser Campingplatz in den Dünen am Strand. Ich schaue ihn mir aus der Nähe an; den kann man sich mal merken…

Wieder ein paar hundert Meter weiter stehen diese beiden hier wild. Ein für Autos gerade noch so befahrbarer Weg führt durch den Pinienwald hierher. Den Platz habe ich mir vorsichtshalber auch mal auf der digitalen Karte markiert.

Das Haus am Meer…

 

Hinter den Dünen des Strandes befindet sich ein ausgedehnter, wunderschöner Pinienwald, den ich schon bei der Hinfahrt kilometerlang staunend durchfahren habe.

Blick nach Norden Richtung Castiglione della Pescaia.

Nach zwei Tagen voller Sonne, Strand und Meer verabschiede ich mich am Freitagabend etwas wehmütig von diesem wohltuenden Ort.

Am nächsten Morgen ist es erst mal wieder vorbei mit dem schlichten Sein: spätestens um 10 Uhr muss ich auf der Honda sitzen und auf schnellstem Weg zum Autozug nach Verona fahren. Wie immer dauert die Fahrt tatsächlich deutlich länger als von meinem Navi angegeben – gut, dass ich etwas Luft gelassen habe – und ich fahre mein Motorrad genau 5 Minuten vor dem Ende der angegeben Check-In-Zeit auf den Waggon des Urlaubsexpress.

Im Liegewagenabteil sind wir zu zweit. Meine Mitfahrerin ist Francesca aus Vicenza, eine Doktorandin der Mikrobiologie, die in Marburg studiert und heute Nacht ihr Motorrad, eine schicke Motoguzzi V7, an ihren derzeitigen Wohnort befördert. Ihr Gesicht ähnelt in bestimmter Weise der jugendlichen Version meines eigenen, was mich rührt.

Es wird eine nette und kurzweilige Wohlfühlfahrt. Manchmal unterhalten wir uns und dann lesen wir wieder oder schauen gedankenverloren aus dem Fenster, und dann unterhalten wir uns wieder. Sichtbar unwohl fühlt sich Francesca nur jedesmal dann, wenn die kleinen Kinder der Familie aus dem Nachbarabteil vorbeischauen und „Hallo!“ krähen. Das tun sie mit großer Begeisterung ziemlich häufig und während mir das Spielchen Spaß macht und die Zeit vertreibt, gesteht Francesca mir später, dass sie mit Kindern nichts anfangen kann. Und schon haben wir ein neues Thema …

Am nächsten Morgen gibt es Kaffee und die ekligen in Alu eingeschweissten Croissants, die ich schon vom letzten Mal kenne, bevor wir pünktlich um kurz nach Neun in Düsseldorf ankommen und bereits kurz danach die Motorräder befreien können.

Nach dem Abschied von Francesca und denen, die ich gestern Abend bei der längeren Pause am Brenner kennengelernt habe,  fahre ich in der Morgensonne nach Hause. Und versuche es normal zu finden, dass ich jetzt nicht mehr auf dem Weg zu neuen, unbekannten Orten bin.

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